Universität Heidelberg
Institut für Politische Wissenschaft
Oberseminar: Das politische Denken in
Lateinamerika seit der Unabhängigkeit
Dozent: PD Dr. Jens R. Hentschke
Referent: Mathias
Wieland
Thema: Dependenztheorien
Die dependenztheoretische
Kritik an der Import-Substitution
Inhalt
I. Entwicklung nach
Außen (Export-Orientierung)
1860-1930,
desarrollo hacia afuera
-
Industrialisierung der Exportwirtschaft, vor
allem Agrar- und Rohstoffsektor
-
positive Faktoren: große Nachfrage im
Ausland führte zu verstärkten Investitionen und Kreditvergabe
für diese Sektoren; technische Neuerungen: Dampfschiffahrt führte
zu größerem Absatz von Agrarprodukten in Europa, damit Wirtschaftsaufschwung
in vielen Ländern
-
negative Faktoren: Beschränkung auf wenige
"Exportschlager" (Monokulturen); starke Schwankungen der Weltmarktpreise
für diese Produkte; hohe Importe von Konsumgütern nötig;
Weltwirtschaftskrise und sinkende Nachfrage im Ausland
II. Entwicklung nach
Innen (Import-Substitution)
1930-1960,
desarrollo hacia adentro
-
Reaktion auf die negativen Auswirkungen der
Entwicklung nach Außen
-
war ein Entwicklungskonzept der CEPAL
(Wirtschaftliche Kommission der UN für Lateinamerika)
-
das Konzept der Import-Substitution sollte
der Verschlechterung des Import-Export-Verhältnisses (terms of trade)
entgegenwirken
-
Aufbau einer einheimischen verarbeitenden
Industrie sollte der Import beschränkt werden
III. Scheitern der
Import-Substitution
-
neue Industrieanlagen forderten wiederum u.a.
Importe von Ersatzteilen
-
vor allem in kleinen Ländern: zu kleine
Märkte für einheimische Produkte, die u.a. dadurch teuer wurden
-
Konzentration der Investitionen im klassischen
Rohstoff-Export und Agrar-Bereich; damit keine Verdrängung der Monokulturen,
dafür aber starker Einfluß ausländischer Firmen
-
ohne zusätzliche Export-Erlöse fehlten
Mittel, um die Industrialisierung voranzutreiben
-
um dies trotzdem tun zu können: teilweise
exzessive Aufnahme von Auslandskrediten
-
Abhängigkeit durch Schuldentilgung, die
sich bis heute nur verschärft hat
IV. zentrale Aussagen
der Dependenz-Theorie
1. Import-Substitution hatte begrenzte Effekte
2. Abhängigkeit von ausländischen
Unternehmen noch größer
3. Import noch höher als Export;
Verschlechterung der Zahlungsbilanz
Autoren:
-
Cardoso/Faletto: "Abhängigkeit und Entwicklung
in Lateinamerika" (1976)
-
José Luis Ceceña Gámez:
"El capitalismo monopolista y la economia mexikana" (1963)
-
André Gunder Frank: "Die Entwicklung
der Unterentwicklung" (1969)
V. Kritik an der Dependenz-Theorie
-
beschränkte Sicht der Entwicklung Lateinamerikas:
nur als Reflex auf die Einbindung in das internationale Wirtschaftssystem
-
dependencistas sehen teilweise die Unmöglichkeit
der Entwicklung im abhängigen Kapitalismus (trotz offensichtlicher
Entwicklungserfolge der Schwellenländer)
-
dep. stützt sich zum Teil auf fragwürdige
theoretische Konzepte und auf eine noch fragwürdigere Empirie
VI. Literatur
-
Boeckh, A.: Über die Dependenz-Theorien,
in: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Lateinamerika, 1987, S.
115-124
-
Buisson, Inge und Manfred Mols: Entwicklungsstrategien
in Lateinamerika in Vergangenheit und Gegenwart, Paderborn, Müchen,
Wien, Zürich, 1983
-
Dessau, Adalbert (Hg.): Politisch-ideologische
Strömungen in Lateinamerika. Historische Traditionen und aktuelle
Bedeutung, Ost-Berlin, 1987
-
Ianni, Octavio: Soziologie der Dependencia
in Lateinamerika, in: Grabendorff, Wolf (Hg.): Lateinamerika - Kontinent
in der Krise, Hamburg, 1973, 379-399
-
Werz, Nikolaus: Das neuere politische und
sozialwissenschaftliche Denken in Lateinamerika, Freiburg, 1992
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Zuletzt geändert: August
1999 von Mathias Wieland.